B2B-Marketing bringt nichts… …ohne den Vertrieb!

Lesezeit: 6 minutes

Wie Marketing und Vertrieb in der digitalen Kundengewinnung näher zusammenrücken – Diskussionsergebnisse einer Expertenrunde

In der vergangenen Woche konnte ich an einer kleinen ad-hoc Expertendiskussion zum Thema digitales B2B-Marketing/digitaler B2B-Vertrieb teilnehmen. Die Diskussion ergab sich durch zwei Postings von mir bei LinkedIn und Xing.

Darin habe ich die folgende These aufgestellt:

B2B-Marketing bringt nichts ohne den Vertrieb:

  • Die besten Leads bringen nichts, wenn der Vertrieb die Kontakte nicht nutzt, weil es keine Prozesse dafür gibt.
  • Die besten Website-Conversions bringen nichts, wenn die Zielgruppen-Personas nicht gemeinsam mit dem Vertrieb definiert wurden und deshalb die falschen Leads generiert werden.

In der heutigen B2B-Customer-Journey können nur Marketing und Vertrieb gemeinsam einen optimalen Vertriebserfolg erreichen. Beide Parteien allein können jeweils nur die eine Hälfte der Medaille übernehmen. Am besten ist deshalb eine gleichberechtigte Zusammenführung beider Abteilungen zu einem schlagkräftigen Marktbearbeitungsteam.

Daraus hat sich eine rege Diskussion mit einigen Marketing- und Vertriebsexperten ergeben. Dabei wurden einige interessante Argumente und Anmerkungen genannt. Diese habe ich in diesem Blogbeitrag zusammengefasst.

Hier der Link zum ursprünglichen Posting und der Diskussion bei LinkedIn. (An dieser Stelle auch noch einmal vielen Dank an alle Diskussionsteilnehmer.)

Zusammenfassung der Diskussionsergebnisse

Ein echter, langfristiger Unternehmenserfolg ist nur möglich, wenn Marketing und Vertrieb enger zusammenarbeiten

  • Heutzutage entsteht eine engere Verzahnung der sogenannten Marketingfunktion mit der Vertriebsfunktion – Stichwort „Smarketing“. Dabei hat aber jede Seite ihre spezifischen Aufgaben.
  • Ohne digitale Methoden und Content-Management als Anbahnungsinstrument kann der Vertrieb heute nicht mehr die notwendige Agilität und Kundennähe erbringen. Hier muss das Marketing unterstützen.
  • Gleichzeitig bringt das B2B-Marketing keine Effektivität auf die Straße, wenn der Vertrieb nicht die richtigen „Waffen“ und keine klaren Ziele vorgibt.
  • Eine Schnittstellenfunktion als „Business-Creator“, der Marketing- und Vertriebsfunktionen zusammenführt, ist sinnvoll.
  • Das Inbound-Marketing-Modell von Hubspot zeigt hier ein gutes Vorgehen auf. Es setzt auf eine Zusammenarbeit von Vertrieb, Marketing und Customer-Service, um so eine konsistente Kundenansprache vor, während und nach dem Kauf zu ermöglichen.

Noch fehlt häufig das gemeinsame Verständnis zwischen beiden Abteilungen.

  • Aktuell fehlt häufig qualifiziertes Personal, das die beiden Welten von Marketing und Vertrieb versteht und zusammenführt. Hier fehlen zum Teil die Qualifizierung und zum Teil das Verständnis beider Abteilungen füreinander.
  • Der Grund für das fehlende Verständnis kann beim Vertrieb und beim Marketing liegen. Sind beispielsweise Vertriebssteams noch erfolgreich „Oldschool“ unterwegs, sehen die Kollegen vielleicht nicht die Notwendigkeit für die engere Zusammenarbeit. Hier gilt es, Impulse zu setzen und sich mit neuen Themen und Trends auseinander zu setzen. Das Marketing muss dann als Thought-Leader gegenüber dem Vertrieb auftreten.
  • B2B-Unternehmen, die mit Inbound- und Content-Marketing am Anfang stehen, sind gut beraten, erstmal in Form eines Projektes zu starten. Eine Person, die beide Welten gut kennt, wird Projektmanager und so gut es geht aus dem Daily-Business rausgenommen.

Marketing ist Dienstleister des Vertriebs, aber…

  • Der Grundsatz, dass im B2B das Marketing der Dienstleister des Vertriebs ist, gilt weiterhin. Aber was heißt das heutzutage?
    • Nicht einfach nur Auftragsempfänger des Vertriebs, sondern gleichberechtigter Partner auf Augenhöhe.
    • Nicht einfach nur blind Anweisungen folgen, sondern gemeinsam die besten Ziele und sinnvolle Vorgehensweisen diskutieren.
    • Dienstleistung heißt in diesem Fall: beraten und umsetzen.
  • Heutzutage sind Marketing und Vertrieb gleichermaßen Dienstleister für den Unternehmenserfolg.

Mit der zunehmenden Digitalisierung des Sales-Funnels werden sich die Verantwortlichkeiten mehr in Richtung Marketing verschieben

  • Bei der Verantwortlichkeit für den Sales-Funnel hat man früher grob auf 80% Vertrieb und 20% Marketing gesetzt.
  • Es wird davon ausgegangen, dass sich dieses Verhältnis aufgrund der Digitalisierung in ein Verhältnis von rund 80% Marketing und 20% Verkauf wandeln wird. Allerdings lässt sich das nicht pauschal sagen. Einen Zeithorizont für den Wandel gibt es ebenfalls nicht.
  • Was man sagen kann, ist:
    • Der Digitalisierungsgrad im Vertrieb und im Marketing steigt.
    • Methodik, Prozesse und Technologie gepaart mit kreativen Kampagnen werden dabei entscheidend sein. Das gehört traditionell in die Domäne des Marketings.
    • Allerdings ist das Marketing in vielen Unternehmen bislang noch nicht ein wesentlicher Treiber innerhalb der Journey. Das muss sich ändern, sonst wird viel Potenzial verschenkt.
    • Marketing und Vertrieb sind bei der Digitalisierung beide gefordert, die nötigen Entwicklungen anzustoßen und zuzulassen.

Bei aller Digitalisierung wird das Marketing im B2B den Vertrieb nicht ersetzen können

  • Im B2C-Bereich kann das Marketing mit einer guten Online-Kommunikation und einem funktionierenden Webshop den Vertrieb im direkten Verkauf oft schon ersetzen.
  • Alle Diskussionsteilnehmer waren sich aber einig, dass dies im B2B-Bereich nicht passieren wird: Besonders im Bereich der komplexen, erklärungsbedürftigen Investitionsgüter und Dienstleistungen spielt der persönliche Kontakt zum Kunden eine sehr große Rolle. Hier gibt es immer die persönliche Ebene der One-to-One-Kommunikation.
  • Bei komplexeren Individuallösungen hat der Vertrieb eine notwendige Funktion zur Zielerreichung: Vom Business-Development, über die Angebotserstellung, bis hin zum Vertragsabschluss sind komplexe Aufgaben zu erledigen.
  • Eine Frage, die aber gestellt wurde, ist, ob der persönliche Kontakt immer durch den Vertrieb stattfinden muss. So wird es zukünftig sicherlich Bereiche geben, wo Marketing und Service den Kundenkontakt übernehmen können – beispielsweise am Anfang der Customer-Journey und nach dem Kauf.
  • Zudem wird gutes Inbound-Marketing, das gemeinsam mit zielgerichteten Vertriebskampagnen umgesetzt wird, die Kaltakquise ersetzen können.

Es braucht durchgängige Prozesse vom ersten Posting bis zum After-Sales

  • Nur mit durchgängigen Prozessen vom ersten Marketingkonzept bis direkt zu den Sales-Kollegen wird eine Digitalisierung in Marketing und Vertrieb funktionieren.
Grafik: Marketing und Vertrieb steigern Erfolg © woodhouse/freepik

Marketing benötigt genauso wie der Vertrieb ein aussagekräftiges Benchmarking/Controlling

  • Wie der Vertrieb benötigt auch das Marketing zukünftig ein Benchmarking/Controlling. Dazu gehören beispielsweise Conversion-Kosten und Costs-per-Lead.
  • Für den gesamten Sales-Funnel müssen die ganzheitlichen Costs-of-Sales erfasst werden.

Fazit:

Die klassische „Trennung“ von Vertrieb und Marketing funktioniert nicht mehr

Auch im B2B haben sich die Kaufgewohnheiten der Kunden geändert. Dadurch rutschten größere Teile der Customer-Journey in den Verantwortungsbereich des Marketings. Dazu ein paar Zahlen:

Digitalisierung des Vertriebs nicht ohne das Marketing

Die digitalen Kanäle der Kundenkommunikation gehören klassisch zur Domäne des Marketings. Das Marketing hat hier einen Know-how-Vorsprung. Zudem sind online alle Kanäle miteinander vernetzt. Unternehmenskommunikation findet im Omni-Channel statt. Deshalb sollten alle Botschaften eines Unternehmens, egal von wem, aus einem Guss stammen und aufeinander aufbauen. Deshalb muss die Digitalisierung des Vertriebs in enger Abstimmung mit dem Marketing stattfinden.

Was können Unternehmen machen, um beide Abteilungen enger zu verzahnen

  • Erste gemeinsame Projekte:
    Wie bereits vorgeschlagen, können erste gemeinsame Projekte Marketing und Vertrieb stärker miteinander zu vernetzen. Was für Projekte können das sein? Beispielsweise kann gemeinsam die komplette Customer-Journey erfasst werden. Meine Erfahrung aus dem B2B-Mittelstand ist, dass man häufig zwar prinzipiell weiß, wie die Customer-Journey aussieht, sie aber noch nie vollständig erfasst und definiert wurde. Zudem verändert sich die Journey durch die Digitalisierung, weil auch die Kunden-Entscheider mehr auf Online-Kanäle setzen.
  • Jobrotation einzelner Mitarbeiter:
    Lassen Sie den Marketing-Manager mal mit zum Kunden gehen. Dort kann er aus erster Hand erfahren, auf welche Argumente Ihre Kunden anspringen bzw. welche Anforderungen und Wünsche sie haben. Der Vertriebskollege kann an der Planung einer Kommunikationskampagne teilnehmen. So lernt er, wie sich Marketingkommunikation von Vertriebskommunikation unterscheidet und wie herausfordernd es gewöhnlich für die Marketingkollegen ist, an alle benötigten Informationen zu kommen.

Fallen Ihnen noch weitere Beispiele für gemeinsame Projekte ein? Oder haben Sie Fragen und Anmerkungen zu den Diskussionsergebnissen? Schreiben Sie mir in den Kommentaren.

Ralf H. Komor: „Vertriebsforensik: Analyse statt nur herumstochern!“ Podcast über den sinnvollen Aufbau eines Vetriebsteams in in einem digitalisierten Umfeld. Erschinen im Podcast Radio Sales Captain.

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1 Gedanke zu „B2B-Marketing bringt nichts… …ohne den Vertrieb!“

  1. Danke für den großartigen Artikel.
    Lasst uns bei aller Digitalisierung aber nicht auf die Menschen vergessen! Während man im B2C Geschäft den Kunden schon länger nur mehr für einen Lemming auf verlorenem Posten gegenüber dem allmächtigen Marketing sieht, traut man dem gleichen Menschen in anderer Persona (eben als B2B Kunde) offensichtlich viel mehr Unabhängigkeit und Eigenständigkeit zu. Waum eigentlich?
    Fazit: Auch im B2B Bereich „menschelt“ es gewaltig und der Vertrieb sollte nicht unterschätzen, welchen Startvorteil das Marketing dem Vertrieb verschaffen kann.

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